Auf ein
Wort, liebe Kolleginnen und Kollegen,
von
Manfred Schell, ehem. Bundesvorsitzender der GDL
Die
absurden, sich im zurückliegenden Jahr zugetragenen Ereignisse
erneut darzulegen, dürfte überflüssig sein. Die GDL befindet sich
zum Jahreswechsel in einer selbst zu verantwortenden, außerordentlich
prekären Lage. Als beängstigend erachte ich die Tatsache, dass
nichts auf eine Kurskorrektur ihrer gewerkschaftspolitisch Handelnden
hindeutet.
Die
Verantwortung dazu liegt ausschließlich in der satzungsmäßig
verfügten Zuständigkeit der Bezirksvorsitzenden und ihrer
Stellvertreter. Dies deshalb, weil vom Bundes-vorsitzenden eine
Rückkehr zu Recht, Demokratie und damit zur Verantwortung für das
Gemeinwohl der GDL nicht zu erwarten ist.
Als ein
Vierteljahrhundert amtierendes Mitglied im geschäftsführenden
Vorstand, davon 19 Jahre als Bundesvorsitzender, erachte ich die
tragende Säule der GDL, unseren Wahlspruch ALLE FÜR EINEN – EINER
FÜR ALLE, als auf das Tiefste erschüttert.
„Unser
Kapital sind unsere Mitglieder“ lautete der Titel einer Broschüre,
die ich zu Beginn meiner Tätigkeit im geschäftsführenden Vorstand
verfasste. Dieser Leitgedanke galt während meiner gesamten Amtszeit
als Maxime der jeweiligen geschäftsführenden Vorstandsmitglieder
und dem Hauptvorstand für gemeinsames Tun und Handeln.
Dass
eine ohne gesunden Haushalt und finanzieller Absicherung
ausgestattete Gewerkschaft ebenso zum Aussterben verurteilt ist, wie
eine mitgliederschwache, überwiegend mit sich selbst beschäftigte
und ohne jede Reputation, ist selbstverständlich. Gewerkschaftliche
Zielvorstellungen und Grundsatzpapiere dienen sowohl den Mitgliedern
als auch zur öffentlichen Selbstdarstellung. Um einer Gewerkschaft
jedoch auf Dauer eine Existenzgrundlage als starke, von gegenseitigem
Respekt geformte Solidargemeinschaft garantieren zu können, bedarf
es deutlich mehr als Phrasen und Parolen. Es zählen allein Taten und
gemeinsam errungene Erfolge.
Was
derzeit in der GDL geschieht, zeugt von Charakter- und
Verantwortungslosigkeit seiner führenden Amtsinhaber und hat in der
Mitgliedschaft zu einem herben Vertrauensverlust geführt, dem viele
bereits mit ihrem Austritt begegnet sind. Die hohe Glaubwürdigkeit,
mit der die GDL einst umsetzte was sie proklamierte und versprach,
ist durch eine einzigartige Manipulation im GDL-Satzungsrecht durch
den Bundesvorsitzenden und dem Hauptvorstand ad absurdum geführt
worden.
Was bei
Rechtsbeugung althergebrachter Grundwerte geschieht, zeigt die
aktuelle, gleich zu Jahresbeginn öffentliche herausposaunte
Streikdrohung der GDL. Sämtliche, durch die GDL-Mitglieder in
Ortsgruppenversammlungen erarbeiteten, in die Bezirks-Versammlungen
eingebrachten und schließlich in der letzten ordentlichen
Generalversammlung verabschiedeten Forderungen zu einem wirksamen
Zukunft-Tarifvertrag, wurden wegen mangelnder
Mitgliederinteressenvertretung durch den Hauptvorstand und der
Tarifkommission für nichtig erklärt.
Aus dem
Hut zauberte der Hauptvorstand eine Lizenzverlust-Versicherung.
Dadurch wurde erneut der Grundsatz, wonach die Entscheidungswege
der GDL von unten nach oben ausgerichtet sind, konterkariert. Dennoch
von den Mitgliedern Solidarität, Kampfkraft und Gemeinschaftssinn zu
fordern ist nichts weiter als den wirklichen Mitgliederwillen zu
ignorieren. Die einstigen Markenzeichen der GDL sind
wahrheitswidrigen Phrasen zum Opfer gefallen.
Stark,
unbestechlich und erfolgreich sind gegenwärtig zur inhaltslosen
Proklamation geworden. Doch ohne Stärke, Unbestechlichkeit und
Erfolg kann es für die GDL keine Zukunft geben.
Deshalb
erwarte ich von allen GDL-Amtsinhabern, allen voran von den
Hauptvorstands-Mitgliedern, dass diese stark in der Befolgung des
Satzungsrechts, unbestechlich in ihrer Charaktereigenschaft sowie
erfolgreich in der konsequenten Umsetzung der beruflichen und
sozialen Interessen der GDL-Mitglieder sind.
Mit
anderen Worten, ich erwarte eine Rückbesinnung auf die Werte, welche
die GDL zur ältesten deutschen Gewerkschaft haben werden lassen.
Ansonsten laufen wir Gefahr, in 2014 alles zu zerstören, was wir
gemeinsam 2007/2008 erreicht haben. Großmannssucht hat auf Dauer
noch keine erfolgreiche Politik bewerkstelligt.
Solange
der Hauptvorstand mit seiner Verantwortung keine Kurskorrektur
vornimmt, erleidet die GDL einen nicht mehr gut zu machenden,
irreparablen Schaden.
http://www.indemore-gdl.de/allgemein/auf-ein-wort-liebe-kolleginnen-und-kollegen/
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