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Montag, 1. September 2014

Keine Tarifdiktatur! Eine Tariffreiheit für alle!

Was zunächst mit der Tarifauseinandersetzung im Jahr 2007 zwischen der GDL und der Deutschen Bahn AG und EVG öffentlich aufflammte, eine festgeschriebene Tarifeinheit bei der Bahn, wurde dann im Jahr 2008 bei der Deutschen Bahn zu ihrer “Be­friedung“ in Form eines Grundlagentarifvertrages zwischen GDL, EVG und Deutsche Bahn AG umgesetzt. Dieser künstlich befristete Frieden ist nun am 30.06.2014 ausgelaufen.

Die GDL beanspruchte bis dahin für sich über alle Lokführer bei der Deutschen Bahn AG, egal welcher Gewerkschaft sie angehören, die Tarifmacht auszuüben. So wie die EVG für sich bis dato beanspruchte, alle anderen Beschäftigten bei der Bahn, egal welcher Gewerkschaft, ihre Tarifverträge auf­zwingen zu dürfen. Unter Billigung des Managements der Deutschen Bahn wurde für 6 Jahre das Kriegsbeil zwischen den Gewerkschaftseliten und ihren Machtansprüchen über die Gewerkschaftsmitglieder und Beschäftigten der Bahn begraben.

Nun geht die Auseinandersetzung um Macht und Einfluss, die im Jahr 2008 auf das Jahr 2014 vertagt wurde, in ihre Fortsetzung. Denn das eigentliche Problem, dass die Gewerkschaften GDL und EVG bei der Deutschen Bahn um ihre gewerkschaftspolitische Macht kämpfen, statt um die Verbesserungen und Erleichterungen der Arbeit für die Beschäftigten, wurde mit der zeitlich befristeten Befriedung der Deutschen Bahn nicht gelöst.

Die GDL Verhandlungsführer versuchen nunmehr ihre gewerkschaftspolitische Macht bei der Deutschen Bahn damit auszuweiten, indem sie nun das gesamte Zugpersonal (Lokführer, Zugbegleiter und Gastropersonal) vertreten will. Egal welcher Gewerkschaft sie angehören. So wie es nun auch die EVG scheinbar mit den Lokführern vor hat und damit grundsätzlich alle Beschäftigten bei der Deutschen Bahn unter ihren tarifpolitischen Einfluss bringen will.

Eine tarifvertragliche Freiheit für die Beschäftigten wollen die EVG und auch die GDL damit nicht herstellen. Sie wollen gleich ganze Berufsgruppen für sich annektieren. EVG und GDL beanspruchen ein tarifpolitisches Territorium für sich, ohne die dort Beschäftigten selber zuvor gefragt zu haben. Ein gewerkschaftspolitischer Angriffskrieg beider Gewerkschaften auf dem Territorium der Deutschen Bahn AG. Und die Gewerkschaftsmitglieder der EVG und GDL sollen dann an der Streikfront um den Einfluss und die Macht ihrer Fürsten kämpfen.

Wenn die EVG- und GDL-Eliten mit Streiks und den damit verbundenen Lohnverlusten ihrer Mitglieder dann ggf. ihren Einfluss unter Billigung des Bahnmanagements erweitert haben, wird vielleicht auch noch über einen bunten Lutscher für die Gewerkschaftsmitglieder mit dem Management der Deutschen Bahn geredet. Bis dahin werden die vielleicht auch berechtigten Forderungen nur benutzt, damit wir an die Streikfront für eine Tarifdiktatur der EVG bzw. GDL treten. Dem Management der Bahn wird es egal sein welche Gewerkschaft welche Berufsgruppe tarifiert, Hauptsache in enger Ein­heit mit den Zielen der Deutschen Bahn. Dabei kommt es auch nicht auf 5 oder 6% mehr Lohn an.

Doch ein Streik, eine Tarifauseinandersetzung, oder gar eine tarifpolitische Annexionspolitik die in ihrer Entstehung nicht bei den Gewerkschaftsmitgliedern und Beschäftigten verwurzelt ist, wird in ihrem Ergebnis wohl auch keinen Sieg für die betroffenen Kollegen erlangen. Gerade wo es allein die Apparate der EVG bzw. GDL sind die bestimmen wann, wo und wie lange gestreikt wird, ohne dass die davon betroffenen Gewerkschaftsmitglieder selber dabei ein Wort mitreden dürfen. Allein dieses Vorgehen ist ein diktatorischer Akt von Selbstherrlichkeit in den Räumlichkeiten der Gewerkschaftsfunktionäre, zumindest aber deren Billigung.

Keine Gewerkschaft kann als solche lange ohne den Willen oder gar den Beiträgen seiner Mitglieder bestehen. Wenn die Mitglieder in ihrer Gewerkschaft nicht wirklich mehr etwas zu sagen haben, sondern sie nur ihren großen Führern folgen sollen, kann diese Tarifdiktatur durch die Gewerkschaften gegenüber den Beschäftigten nicht hingenommen werden. Die gleiche Tarifdiktatur die wiederum diesen Gewerkschaften weiterhin per Gesetz droht. Denn die Bundesregierung wird sich freuen, wenn sie in der laufenden Auseinandersetzung einen neuen Grund bekommt die Tarifeinheit zu beschließen.
 
Eine Tariffreiheit für alle!

Wo sich nun die Gewerkschaftsapparate von EVG und GDL unter Beteiligung der Deutschen Bahn AG um Macht und Einfluss bei den verschiedenen Berufsgruppen und über uns Beschäftigte streiten, sollten wir uns als davon direkt oder indirekt betroffene Gewerkschafter darüber einige werden, wie wir gemeinsam dieser Diktatur der Gewerkschaften über uns Beschäftigte eine Absage erklären.

Eine freie Wahl, welcher Tarifvertrag für uns als Beschäftigte gelten soll, ist wohl bei vielen von uns noch genauso utopisch wie sie von der Gegenseite als unmöglich dargestellt wird. Dabei ist genau diese freie Wahl des Tarifvertrages die Tarifpluralität die nicht nur allein den Gewerkschaftsbossen zugesteht sich ihre Berufsgruppen auszusuchen für die sie ihre Tarifpolitik machen dürfen.

Leistungsfähige IT Systeme geben es heute schon her jedem Beschäftigten die entsprechenden Regelungen und Löhne aus seinem Wunschtarifvertrag zukommen zu lassen. Ob als Gesamtpaket oder aus einem Bündel von Leistungen der einen wie auch der anderen Gewerkschaft. Gerade wo die GDL- und EVG-Führungen mit ihrer Forderung nach einem fairen Wettbewerb die Liberalisierung unserer Arbeitsbedingungen durch die Politiker und Manager befürworten, sollten sie sich dem doch jetzt nicht etwa entziehen wollen. Zumal die Gewinnbeteiligung die wir als Beschäftigte von der Bahn einfordern von uns selber zuvor mit unserer tagtäglichen Arbeit erwirtschaftet wurde.

Die derzeitige Spaltung von uns Beschäftigten und Gewerkschaftsmitgliedern entsteht doch nur zu oft durch die blinden und teilweise menschenverachtenden Hetze aus den Gewerkschaftsbüros unter uns. Obwohl unsere Situation vor Ort in der realen Arbeitswelt in keiner Wiese unterschiedlich ist. Da sind sich die Manager der Deutschen Bahn bereits über alle Geschäfts- und Betriebsbereiche hinweg einig. Gerade wenn es um Arbeitsverdichtung, Arbeitsplatzabbau und Lohnverzicht geht.

Ginge es heute und auch zukünftig in unseren Gewerkschaften nur um die Umsetzung und Verteidigung unsere Forderungen und Interessen, wären wir uns als Beschäftigte wohl sehr schnell einig dar­über, was wir fordern und vom Management umgesetzt sehen wollen. Egal in welchem Bereich der Bahn wir arbeiten. Ein Streik wäre bei dieser übergreifenden Einigkeit unter uns Beschäftigten wohl überflüssiger denn je, wenn das Management erkennt welcher Gegenmacht es sich ausgesetzt sieht.

Selbstbestimmung statt Hörigkeit

Ohne Diskussionen in unseren Gewerkschaften über die Inhalte, Strategien und Forderungen zur Umsetzung unserer Interessen überlassen wir den Strategen in den Gewerkschaftsbüros auch die Entscheidung über unsere Zukunft bei der Bahn. Dabei leidet auch der gewerkschaftliche Gedanke der Ge­meinschaft unter uns Beschäftigten, wenn wir keine Zukunft mehr in unseren Gewerkschaften sehen.

Auch ein ständiges hin und her in den letzten Arbeitskämpfen und Streiks verunsicherte nicht nur die Reisenden zusätzlich, sondern auch uns Gewerkschaftsmitglieder. Es sollte nur einmal der Schalter in den Streikmodus umgelegt werden und das Aussetzen des Streiks nur von den Zugeständnissen der Gegenseite abhängig gemacht werden. So sollten wir jetzt auch übergreifend und gemeinsam darüber reden und diskutieren wie wir unsere Forderungen gemeinsam umsetzen können!

Welche Gewerkschaft letztendlich unsere tatsächlichen Forderungen und Interessen als Beschäftigte bei der Deutschen Bahn tarifiert, sollte uns dann egal sein wenn unsere Forderungen erfüllt wurden. Denn wer sie nicht erkennt und bereit ist sie gemeinsam mit uns umzusetzen, mit unserer Entscheidung über einen Streik, sollte auch keine Tarifhoheit über uns erlangen. Letztendlich müssen wir unter den Ergebnissen dieser Tarifverträge dann arbeiten, leben und noch zu oft leiden.

So sollten wir keine Tarifdiktatur durch unsere Gewerkschaftseliten und auch keine durch die Bundes­regierung zulassen. Freiheit bedeutet auch Tariffreiheit für uns alle als Beschäftigte! Auch für die Um­setzung unserer Forderungen sollten wir nun endlich gemeinsam kämpfen. Egal welcher Gewerkschaft und Berufsgruppe wir angehören, es geht um unser aller Zukunft als Beschäftigte bei der Bahn.

Kämpfen wir gemeinsam für unsere Tariffreiheit!

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