Gerade
läuft wieder eine Tarifrunde bei der Bahn zwischen GDL und Deutsche
Bahn und EVG. Oder besser gesagt zwischen EVG und GDL. Denn worin
sich beide Gewerkschaftsführungen auch in dieser Tarifrunde wieder
einmal einige sind ist ihre Uneinigkeit. Die Sekretäre der einen
Gewerkschaft vergessen nie zu wiederholen, dass sie nicht mit den
Funktionären der anderen Gewerkschaft können. Diese wiederum lenken
immer wieder gerne von ihrer eigenen Schwäche mit dem Fingerzeig auf
die Sekretäre der anderen Gewerkschaft ab.
Beide
Gewerkschaftsführungen sind sich einig die Interessen und die
Weisheit der Bahnbeschäftigten und die der Mitglieder ihrer
Gewerkschaft gefressen zu haben. Sie verstehen sich als die einzig
wahren und legitimierten Vertreter der Beschäftigten bei der
Deutschen Bahn AG. Doch ist das so?
Auch in
dieser Verhandlungsrunde geht es wohl wieder nur darum wer seine
Machtposition als Sozialpartner des Managements der Deutschen Bahn AG
sichern kann. Und an was bedient man sich um dafür auch eine
Legitimität zu haben? An den Interessen von uns Beschäftigten,
denen sich beide Gewerkschaftsvertretungen vor und während der
Verhandlungen um die goldene Suppenschüssel des Arbeitgebers immer
gerne bedienen, um als die einzig wahren Vertreter unserer Interessen
dazustehen.
Nach der
zwischen GDL, EVG und DB AG im Jahr 2008 vertraglich vereinbarten
Tarifeinheit bei der Deutschen Bahn AG, die bereits im Juli
ausgelaufen ist, mit der allein die GDL alle Lokführer bei der DB AG
tarifierte und die EVG alle anderen Beschäftigten tarifierte, steht
so nun wohl hauptsächlich die Neuordnung der Sozialpartnerschaft der
Gewerkschaften mit dem Management der DB AG an.
So ist es nun
neben der GDL auch wieder die EVG die sich als die einzig wahre und
legitimierte Interessenvertretung für die Lokführer versteht, wo
sie diese jedoch im Jahr 2006 wie alle anderen Bahnbeschäftigten
über die Klinge des Arbeitgebers und seiner Spar- und
Privatisierungspolitik springen lies. Und die GDL Führung versteht
sich nun ein weiteres Mal als die einzige infrage kommende
Interessenvertretung für die Zugbegleiter und Gastropersonale auf
den Zügen, nachdem die gleiche GDL Elite sie im Jahr 2007 für ihre
Anerkennung als Sozialpartner der DB AG aufgab.
Nach 2007
geht so das Machtgerangel um den Schoß des Arbeitgebers in die
nächste Runde. Allein an Hand von Mitgliederzahlen und dem eigenen
Anspruch die einzig legitimierte und demokratische
Interessenvertretung zu sein. Doch allein mit Karteileichen und
Senioren wird kein Kampf gewonnen.
Gerade wo die
Sekretäre der EVG nicht in der Lage sind die Ausgliederung und
Privatisierung von immer mehr Bereichen der Bahn aufzuhalten,
verliert die EVG auch mit ihren Ruhestandsmitgliedern immer mehr
Mitglieder und damit ihre Legitimität für die Beschäftigten bei
der Bahn zu sprechen und zu verhandeln. Die sich nur an den
Zugeständnissen des Bahnmanagements orientierende Tarifpolitik hilft
den Beschäftigten der Bahn nicht die EVG als ihre
Interessenvertretung zu verstehen.
Spätestens
nach dem Desaster der GDL Anfang 2014, wo von den Verhandlungsführern
der GDL die Forderungen eines umfänglich wirkenden
Zukunftstarifvertrages nur im Ansatz mit einer Versicherung umgesetzt
werden sollten, fehlt es den GDL Mitgliedern an Vertrauen in ihre
Gewerkschaftsführung. Auch da die GDL Lokführer bereits jetzt in
Teilen unter den Demografietarifvertrag der EVG fallen, Mitglieder
die dieses Vorgehen in der GDL offen kritisieren werden dann auch mal
ausgeschlossen.
Der Kampf der
GDL-Funktionäre und EVG-Sekretäre um ihre sozialpartnerschaftliche
Anerkennung durch das Bahnmanagement und ihr Kampf um den einen und
zudem fast leeren Napf der ihnen das Management in den
Tarifverhandlungen zum Fraß vorsetzt wird, wird uns Beschäftigte
wohl nicht in Verzückung und in einen Kampfmodus versetzen. Gerade
wo die Manager der DB AG innerhalb der Friedenspflicht an allen Ecken
und Enden massive Angriffe gegen uns fahren, um unsere Arbeit weiter
zu verdichten bzw. uns von unseren Arbeitsplätzen “freizusetzen“.
Damit ihre Zielprämien stimmen.
Den
derzeitigen Verhandlungsmodus von EVG und GDL mit dem Arbeitgeber
lässt dieser durch seine aggressive Personalpolitik zum Hohn werden.
Auch da das DB Management die Gewerkschaften wieder in das Korsett
der Tarifeinheit bei der Bahn zwingt, steht so auch wieder unsere
freie Wahl der tariflichen Interessenvertretung infrage. Spätestens
mit diesem tarifpolitischen Diktat wäre es an der Zeit, dass die
Gewerkschaften dagegen gemeinsam mit ihren Mitgliedern Barrikaden
aufbauen.
GEMEINSAM
EINSAM oder
NUR ZUSAMMEN SIND WIR STARK
Wenn man nun
in der aktuellen Tarifrunde um unsere Löhne und Arbeitsbedingungen
einen Unterschied zwischen GDL und EVG sucht, wird man ihn wohl nur
bei den Gewerkschaftsbossen finden. Wo die einen bereits auf dem
Schoß der DB Mutter sitzen und wo die anderen auch wieder hin
wollen. Um von dort aus Einfluss auf die Entscheidungen der DB
Mutter zu nehmen. So bekommen neben den hörigen Kindern auch die
bockigen Kinder manchmal einen bunten Lutscher von der Mutter, zur
Beruhigung.
Doch die
Interessen und Forderungen von uns Beschäftigten sind kaum
unterschiedlich, sodass man sie auch nicht aufspalten sollte, womit
sie in ihrer Umsetzung nur geschwächt wird. Eine Spaltung kommt oft
nur dadurch, dass wir unsere Forderungen ohne jede Kontrolle bei der
Umsetzung in die Hände unserer jeweiligen Gewerkschaftsführungen
geben. Die damit oft nur um ihre Position pokern.
Schon beim
Hausbau oder beim Autokauf achten wir darauf, dass allein unsere
Vorgaben so umgesetzt werden wie wir sie in Auftrag geben. Auch
unsere Vermieter holen sich fast immer das was sie von uns wollen.
Aber gerade bei der Grundlage für jeden Hausbau, Autokauf und jede
Mietzahlung, unserer Arbeit und den Lohn dafür, geben wir die Zügel
aus der Hand und hoffen nur, dass das raus kommt was wir zuvor in
unseren Gewerkschaften bei deren Vertretern zur Umsetzung einfordern.
So sollte
doch bei jedem Gewerkschaftsmitglied ein Interesse vorhanden sein
sich bei der Umsetzung seiner Forderungen für die Verbesserung
seiner Arbeit und seines Leben stark zu machen. Denn die
Tarifverträge der EVG und GDL bestimmen auch ohne unser Engagement
unsere Arbeit und so unser Leben. Gerade wo sich die Bedingungen
unserer Arbeit ständig verschlechtern sollten wir auch bei der
Umsetzung unserer Forderungen die Kontrolle behalten. Denn mit dem
Sammeln von Pfandflaschen und mit Überstunden werden wir diese
Verschlechterungen nicht aufhalten und kompensieren können.
Schon mit der
Definition unserer Forderungen in Form eines Kataloges unserer
Gewerkschaften zu den Tarifrunden stellt sich auch die Frage nach
deren Umsetzung. Denn nicht mit den Forderungen, sondern nur mit
ihrer Umsetzung, können wir letztendlich zukünftig unsere Arbeit
und unser Leben bewältigen. Die Umsetzbarkeit unserer Forderungen
richtet sich immer auch nach der Sturheit und den Tricks des
Arbeitgebers dagegen. Wir sollten als von der Umsetzung unserer
Forderungen direkt betroffene Beschäftigte mitentscheiden wie auf
eine Blockade des Arbeitgebers reagiert wird. Damit unsere
Forderungen nicht auf der Strecke bleiben, maximal die Frage der
Umsetzung verhandelbar ist.
Die für die
Umsetzung unserer oft existenziellen Forderungen notwendige Stärke
entsteht jedoch nicht durch unsere Aufspaltung als Beschäftigte und
Gewerkschafter bei der Deutschen Bahn. Nur wenn wir unsere oft
gleichen Interessen und Forderungen gemeinsam einfordern, können wir
sie gegenüber dem Arbeitgeber auch in der Öffentlichkeit umsetzen.
Mit dieser Stärke über die Grenzen der Bereiche und Gewerkschaften
kann auch das heute noch gesprochene Recht für uns neu gesprochen
werden.
So kommen
unsere Kolleginnen und Kollegen bei der Bahn in Frankreich mit einer
selbstbewussten Verständlichkeit regelmäßig zusammen, um als
Beschäftigte und Gewerkschafter über die Umsetzung ihrer
Forderungen gemeinsam zu entscheiden. Egal ob und welcher
Gewerkschaft sie angehören. Die jeweiligen Gewerkschaftsvertreter
geben den gemeinsam kämpfenden Beschäftigten nur ihre Vorstellungen
zur Diskussion vor. Entschieden wird von den Beschäftigten selber
als ein Kollektiv.
So ist dann
auch jede Partnerschaft mit dem Verursacher von Arbeitsverdichtung,
Arbeitsplatzverlust und Lohndumping ein Pakt mit dem Teufel, um in
den Himmel zu kommen. Daher kann es keine Partnerschaft bei der
Umsetzung von völlig entgegengesetzten Interessen und Forderungen
geben. Wo an dieser widersprüchlichen Partnerschaft mit dem Gegner
festgehalten wird, werden die Interessen und Forderungen von
tausenden Beschäftigten und die der Mitglieder der Gewerkschaften
verkauft.
Wer die Frage
der Kontrolle und Einflussnahme durch uns Beschäftigte und
Gewerkschaftsmitglieder bei der Umsetzung unserer Interessen und
Forderungen in unseren Gewerkschaften nun mit dem Misstrauen
gegenüber unseren Gewerkschaftsvertreter kommentiert, der versteht
wohl wie eine Frau Merkel unter Demokratie nur die Repräsentation
seiner Interessen, jedoch nicht die demokratisch kontrollierte
Umsetzung der Interessen und Forderungen der von ihrer Politik
betroffenen Menschen.